Seit meiner letzten Beziehung bin ich innerlich völlig leer. Ich habe das Gefühl niemanden mehr lieben zu können und kann mir nicht vorstellen jemanden glücklich machen zu können. Für mich ist das vollkommen in Ordnung, denn ich habe mich damit arrangiert und komme auch wunderbar allein zurecht. Mir fehlt keine Nähe, keine Zweisamkeit und auch meine Zukunftspläne beinhalten nur meine eigenen Wünsche.
Doch dann kam sie. Eine ehrgeizige, junge Dame, die sich diesen Gemütszustand nicht vorstellen konnte und sich in den Kopf gesetzt hatte, mein Herz zu erwärmen und für sich zu gewinnen. Keine Frage, ich fühlte mich geschmeichelt und diese junge Dame war auch keinesfalls unattraktiv.
Und so schaffte sie es mich zu einem Date zu überreden. Wir gingen zusammen essen, hatten gute Gespräche und liefen anschließend noch an einem Fluss spazieren und ich spürte ihre Erwartungshaltung, doch ich blieb auf Abstand. Wenige Wochen später hatte sie mich wieder so weichgekocht, dass ich einem gemeinsamen Frühstück zustimmte. Wir lachten, aßen und hatten eine gute Zeit, doch während sie von Schmetterlingen erzählte, blieb es in mir kalt.
Jeden Morgen erhielt ich eine kleine „Gute-Morgen-SMS“ und jeden Abend eine „Gute-Nacht-SMS“, egal, ob ich darauf reagierte oder nicht. Mal schrieb sie mir, was sie gerade machte, dann wieder, was sie anhatte und ab und an kam auch ein hübsches Foto. Ich hoffte darauf, dass sie aufgab, aber auch wenn wir uns teilweise wochenlang nicht sahen, blieb sie eisern und schaffte es mich immer wieder zu einem Treffen zu überreden.
Sahen wir uns nicht, warteten ab und an auch kleine Überraschungen in meinem Briefkasten auf mich. Mal lag meine Lieblingsschokolade im Briefkasten, dann ein Brief und schließlich füllte sie meinen gesamten Briefkasten mit kleinen Botschaften, was an mir denn alles toll und besonders sei. Ich mochte diese kleine Dame, ich bewunderte ihre Hartnäckigkeit und überlegte manches Mal, ob ich nicht einfach nachgeben sollte.
Engel muss man schützen
Diese Frau war wunderbar, einfach fantastisch und sie war selbstlos. Wir waren uns keinen Zentimeter näher gekommen und dennoch hatte sie weiter Hoffnung, hoffte auf einen kleinen Riss in meiner harten Schale. Hoffte darauf, dass ich mich doch für sie erwärmen konnte. Sie war weiter als viele andere vor ihr gekommen, doch öffnen konnte ich mich nach wie vor nicht. Ich wollte keinen neuen Menschen in meinem Leben und vor allem wollte ich sie nicht unglücklich machen. Ich wollte, dass sie einen Mann kennenlernte, der sie zu schätzen wusste, sie auf Händen tragen würde und nicht drohte ihr das Herz zu brechen. Diese kleine Dame war einfach ein Engel und es galt diesen zu bewahren.
Mir war klar, dass ich sie vor sich selbst schützen musste. Ich musste ihr die Freiheit schenken, damit sie raus in die Welt fliegen konnte und das Glück finden, denn ich war definitiv nicht das Glück, das sie verdiente.
Ich wusste, dass ich ihr jetzt für kurze Zeit Schmerz zufügen musste, doch nur, damit sie danach ihre Flügel zurückhaben konnte. Engel müssen fliegen können, Engel müssen geliebt werden. Und so jagte ich sie davon. Ich wünschte die SMS zu unterlassen und blockierte alle weiteren Kontaktversuche, bis der Kontakt nach Wochen abbrach. Sie hatte aufgegeben und sie fehlte mir, doch ich wusste, dass dies der beste Weg war.
Was die kleine Dame nicht weiß, ist, dass ich sie dennoch im Blick habe und schaue, was diese reine Seele tut. Und ich bin glücklich zu sehen, dass sie ihr Herz mittlerweile einem anderen geschenkt hat, der sie zum Lachen bringt und hoffentlich gut auf ihr Herz aufpasst.
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