"Wie bist du zum BDSM gekommen?" Diese Frage stellen wir uns oft gegenseitig und die Wege in die Szene sind so unterschiedlich wie die Praktizierenden selbst. Es gibt keinen richtigen oder falschen Weg. Wichtig ist, dass es sich gut anfühlt, dass man spürt, dass es das ist, was man will und braucht.

Ich habe früh gewusst, dass mir der gewöhnliche Sex zu langweilig ist. Da war ein innerer Spieltrieb, eine Neugier nach ständig neuen Abenteuern, doch dem Kind konnte ich keinen Namen geben. Und dann kam er.

In einer Dating-App entdeckte ich ein Profil dessen Besitzer angab auf eine einsame Insel unter anderem ein Seil mitnehmen zu wollen. Im ersten Moment dachte ich mir, dass er vermutlich eher pragmatisch veranlagt sei. Doch der Zusatz „Für dich, damit du auf Nichts verzichten musst“, machte mich dann doch neugierig. Was meinte er denn damit?

Der Chat entwickelte sich in rasender Geschwindigkeit und plötzlich wurde ich selbst ausgefragt. Wie ich denn gerne spielen würde. Was meine Spielarten seien. „Warum Spiel? Welches Spiel?“ Ich begriff nicht, von was er sprach, und dennoch zog er mich magisch in seinen Bann. Die Fragen waren tiefgründig, so dass ich oft erst einmal selbst überlegen musste, um überhaupt antworten zu können.

Daraufhin meinte er, dass er mir Aufgaben geben würde, damit ich Zeit hätte darüber nachzudenken und sobald ich damit fertig sei, könne ich ihm ja dann die Antwort und das Ergebnis mitteilen und ich tat, wie mir geheißen.

 

Voller Tatendrang

Ich machte mich mit solchem Eifer an die Aufgaben, dass ich über mich selbst verwundert war. Ich präsentierte und schrieb die Ergebnisse und wartete sehnsüchtig auf seine Antwort - ohne zu ahnen, dass wir bereits längst ein Spiel spielten.

Ich suchte in einschlägigen Portalen nach drei Clips, die mich besonders anmachten und erklärte, was mich daran so anmachte. Ich präsentierte meine Spielzeuge und erzählte, ob mir diese gefallen würden und wenn ja in welcher Weise. Ich fotografierte meine Wäsche und kombinierte, so dass es ihm eventuell gefallen könnte.

Immer in dem Wissen jederzeit abbrechen zu können, wenn ich nicht wollte oder es mir zu persönlich wurde. Doch mir gefiel, dass es ihm gefiel und so kam diese Grenze nicht. Ich war immer gespannt auf die nächste Aufgabe und so steigerte es sich allmählich.

Nach kleinen Clips und Fotos wurde es persönlicher. Ich sollte mit meinen Sextoys üben. Erst sollte ich danach nur berichten, ob die Übung funktioniert habe und wie es sich angefühlt habe, doch dann wollte er mir beim Üben zusehen. Ich spürte, wie ich plötzlich innerlich gespalten war. Ich wollte das Spiel weiterspielen, die Dinge erkunden, spüren und hatte noch so viele Fragen.

 

Die Vernunft setzt ein

Längst war ich auf den Begriff BDSM gestoßen und konnte der Situation einen Namen geben. Doch jetzt einem Fremden so persönliche Dinge zu senden, das machte mir ein mulmiges Gefühl. Ich stieß in Foren auf Warnungen und Hinweise, dass ein Herr stets Verständnis für seine Sub aufbringen solle und man sich erst einmal kennenlernen müsse, um sich komplett aufeinander einlassen zu können.

Ich berichtete und merkte schnell, dass dies jetzt überhaupt nicht gut ankam. Weder, dass ich mich eingelesen hatte, noch dass ich an dieser Stelle nicht einfach lieferte.

So war es also, wenn ich wirklich mal nicht wollte. Ich wollte wissen mit wem ich es zu tun hatte, ein Gesicht, abgesehen von den Fotos im Profil, sehen. Eine Stimme in einem Telefonat hören. Ich hatte über Wochen Persönliches von mir Preis gegeben und war immer vertröstet worden, doch die Forderungen waren im Gegenzug größer und größer geworden.

Auf der einen Seite schrie meine Neugier, eine mir völlig unbekannte Sehnsucht, auf der anderen Seite schrillten alle meine Alarmglocken und die Stimme der Vernunft in meinem Kopf. Da war dieser Wunsch ihn glücklich zu machen, war er nicht zufrieden, zersprang mir förmlich fast das Herz, andererseits wusste ich nicht einmal, wer er war, der mir mein Herz in solche Bande legte.

Doch mein Flehen und Bitten wurde nicht erhöht, ich wurde weiterhin vertröstet. Für meine Zweifel gab es kein Verständnis, ich wurde gefragt, ob ich ihm denn nicht vertrauen würde. Wem sollte ich denn hier vertrauen? Als ich meine Aufgaben nicht bildlich lieferte, nahm der Kontakt ab und wurde weniger.

Ich blieb beharrlich und wollte keine noch persönlicheren Videos an irgendwen senden und so erhielt ich wenig später die Aussage, dass er aus beruflichen Gründen keine Zeit mehr habe  und damit war der Kontakt abgebrochen.

Doch was mit diesem Chat endete, hatte ein Feuer in mir entfacht, eine Sehnsucht, der ich begann nachzugehen und so entdeckte ich die Welt des BDSM und meine Bestimmung als Sub, der ich gerne außerhalb des Internets und völliger Anonymität nachgehe.  

 

Foto: © pixabay

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