Dass der Frühling neue Sehnsüchte weckt, ist kein Geheimnis. Die Tage werden länger, die Kleidung kürzer – und mit den ersten Sonnenstrahlen kommen sie wieder: die offenen Schuhe, die nackten Fesseln, die zarten Zehen. Der Blick, der monatelang nur Stoff und Stiefel begegnet ist, wandert plötzlich wieder weiter nach unten. Und wer ein Faible für Füße hat, kommt jetzt langsam wieder auf seine Kosten – ganz ohne danach zu suchen.

Es beginnt oft harmlos. Eine Frau, die sich auf der Parkbank ausstreckt, ihre Ballerinas abgestreift hat und mit den Zehen die Frühlingsluft tastet. Lackierte Nägel, feine Linien, ein zarter Spann. Oder der Mann im Café, der mit gekreuzten Beinen dasitzt, barfuß in seinen Loafern, die Ferse locker aus dem Schuh gerutscht, während die Sonne die Haut golden glänzen lässt.

Ich ertappe mich dabei, wie mein Blick hängen bleibt. Wie meine Gedanken langsam aus der Unsichtbarkeit der Wintermonate hervorkriechen. Und ich frage mich: Ist das gewollt? Weiß sie, dass ihr Fuß wie in Zeitlupe aus dem Schuh gleitet, dass der Bogen ihres Spanns sich wie eine Einladung anfühlt? Weiß er, dass sein lässiges Herumspielen mit dem Flip-Flop mehr erzählt als ein tiefes Dekolleté?

 

Leise und versteckt

Denn genau wie bei prallen Leggings oder spannenden Blusen sind es auch hier die kleinen Dinge, die den Reiz ausmachen. Der zarte Abdruck eines Riemchens auf gebräunter Haut. Ein Zeh, der mit dem Schuh spielt, auf und ab, wie ein ganz eigener Flirt. Die feinen Sehnen, die sich unter der Haut zeigen, wenn jemand barfuß läuft. Oder der Moment, in dem jemand sich bückt, um eine Sandale zu schließen, und man für einen Atemzug zu lange auf die gewölbte Fußsohle blickt.

Es ist eine stille Erotik. Keine laute. Keine, die ruft „sieh her!“, sondern eine, die zufällig scheint. Und doch bleibt die Frage: Ist es wirklich Zufall? Oder ist es ein Spiel – subtil, versteckt, vielleicht sogar unbewusst?

 

Der Frühling macht sichtbar, was im Winter verborgen blieb. Und er verführt, ohne laut zu werden. Für manche beginnt die Lust nicht im Schlafzimmer, sondern am Gehweg, im Café, im Wartebereich am Bahnhof. Dort, wo Füße entblößt werden, Zehen tanzen und das Auge plötzlich mehr sieht, als es sich selbst zugestehen will.

Foto: © pixabay

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