Ein Erotikshop, der sich selbst als Wohnzimmer bezeichnet, anstatt dunkler Ecken erwartet den Kunden bei Frau Blum ein helles und buntes Ladengeschäft. Und das ist noch nicht alles, was hier völlig anders läuft. Wir haben Mascha und Alex für euch in ihrem heimischen Wohnzimmer für einen Plausch getroffen.

 

Wer ist Frau Blum?

Als stilvolle Erotik Boutique genießt Frau Blum ein Alleinstellungsmerkmal in Stuttgart. Im Gegensatz zu anderen Erotikshops richtet sie sich mit geschmackvollem Ambiente hauptsächlich an Menschen, die ihr Sexualleben neu entdecken, erweitern und auffrischen möchten. Ebenso sind sie ein Institut für sexuelle Bildung und bieten regelmäßig Workshops im Erotikbereich mit bekannten Sexualtherapeuten und -pädagogen, Massageexperten und vielen weiteren, sowohl online als auch in Präsenz, an.

Online findet ihr die beiden und ihr Team unter: https://blog.fraublum.de/

 

HiS: Unglaubliche 10 Jahre gibt es „FRAU BLUM – Boutique Erotique“ bereits in Stuttgart-West. Aber was war der Auslöser für euren Start und was unterscheidet euch von einem herkömmlichen Erotikstore?

Mascha: Bereits seit der dritten Klasse sind wir (Anmerkung der Redaktion: Mascha und Alex) beide gute Freundinnen und unsere Freundschaft hat bis heute gehalten. Wir waren schon immer experimentierfreudig und haben oft mit dem Gedanken gespielt etwas Eigenes zu schaffen. Als wir beiden Mitte vierzig waren, kam uns die Idee für die Erotikboutique bei einem Gläschen Wein im Garten. Viele Sexshops in Stuttgart haben einfach nichts Familiäres, Einladendes. Sie sind meist auf eingefleischte Erotikenthusiasten ausgelegt. Auf junge Frau wirken die Shops meist abschreckend. Wirkliche Lust dort etwas zu kaufen, kommt nicht auf. Außerdem traut man sich schlichtweg nicht etwas zu fragen, falls man sich beispielsweise für ein Sex-Toy interessiert. Das wollten wir ändern. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben seine Sexualität kennen zu lernen und zu leben, ohne das Gefühl haben zu müssen, sie zu unterdrücken. Wenn man es geschafft hat, zu entdecken und zu begreifen, wer man wirklich ist und wo man hinmöchte, kann man erst glücklich mit sich selbst sein.

 

HiS: Wie kam es dann von der „Schnapsidee“ zur Umsetzung?

Alex: Nach der Idee ging erst einmal die Recherche los. Wir waren uns aber schnell sicher, dass wir das tatsächlich machen wollen. Und dann wurde es schwierig eine Location zu finden. (Anmerkung der Redaktion: Dieses Problem zeigt sich auch aktuell wieder, da Frau Blum bis Ende Februar 2025 neue Räumlichkeiten benötigen.) Im März 2014 haben wir eröffnet, da lag die ursprüngliche Idee bereits 1,5 Jahre zurück.

 

HiS: Wie hat denn euer privates Umfeld auf die Gründung reagiert?

Mascha: Also einige Freunde und Bekannte sind aus allen Wolken gefallen und haben sich Sorgen um unseren guten Ruf gemacht, aber als sie dann das Konzept mitbekommen und den Namen erfahren haben, haben dann doch die meisten gut reagiert.

 

HiS: Was kann man von Frau Blum erwarten, wenn man euch besuchen kommt?

Alex: Wir möchten ein freundliches, einladendes Wohlfühlambiente schaffen und heißen jeden, egal ob Neuling oder Stammkunde, herzlich willkommen und stehen sehr gerne mit Rat und Tat zur Seite. Bei uns findet man Produkte für das sanfte Ausprobieren und Herantasten, für das Spiel mit den Sinnen, mit der Lust und dem Schmerz.

 

HiS: Gibt es auch Themenbereiche, die ihr bewusst nicht „bedient“ wie z. B. diverse Fetische? Welche Kriterien stellt ihr an eure Produkte?

Mascha: Wir haben uns bewusst für eine Boutique und keinen herkömmlichen Sexshop entschieden. Man findet bei uns Bücher rund um das Thema Erotik, vom Aufklärungsbuch für Kinder bis zum Buch über BDSM-Praktiken. Natürlich findet man bei uns auch sexy, ansprechende Kleidung sowie Sex-Toys. Bei den Sex-Toys haben wir klare Richtlinien und bieten nur ausgewählte Produkte an, die unseren Standards entsprechen. Wir legen vor allem Wert auf das richtige Material. Viele Hersteller, die ihre Produkte im Internet anbieten, nutzen meist billige, teilweise gesundheitsgefährdende Kunststoffe. Doch wir haben auch ein Auge auf das Design, die Funktionalität und die Technik der Spielzeuge. Im Grunde muss jedes Produkt das halten, was es verspricht.

Alex: In unserem Geschäft bieten wir allerdings keine Schuhe oder Latexprodukte an, dafür reicht der Platz einfach nicht aus, da man ja allein bei den Schuhen ganz viele Größen auf Lager haben müsste.

 

 

 

 

HiS: Ihr bietet aber dennoch euren Kunden auch immer wieder Möglichkeiten über euer Sortiment hinaus Produkte kennenzulernen, wie funktioniert dies dann?

Alex: Ab und zu haben wir Kooperationen mit Firmen, die ihre Produkte in Form eines kleinen Pop-Up-Shops bei uns in der Boutique präsentieren.

Mascha: Generell sind wir begeistert, wie viele junge Menschen Start-Up-Firmen in der Erotikbranche ins Leben rufen, die auch von der Gesellschaft anerkannt werden, wie zum Beispiel nachhaltige Tampons aus Baumwolle und das zeigen wir dann auch gerne unseren Kunden.

 

HiS: Ihr nennt euren Laden liebevoll euer Wohnzimmer. Wie seid ihr darauf gekommen, ihm so eine besondere Atmosphäre zu geben?

Mascha: Wir wollten von Vornherein etwas Bodenständiges, Gemütliches und Ansprechendes kreieren. Von der „blumigen Atmosphäre“, sind wir dann auch auf unseren Namen gekommen. Während unserer Gründung war das Wort „Fräulein“ für Stores in diese Richtung en vogue. Doch wir haben uns schließlich für „Frau Blum“ entschieden.

 

HiS: Welches Publikum sprecht ihr mit eurem Sortiment am ehesten an? 

Alex: Den größten Teil unserer Kunden haben anfangs Frauen im Alter zwischen 30 und 50 ausgemacht, doch inzwischen ist unser Publikum ziemlich abwechslungsreich und querbeet.  Meistens sind es Menschen, die einen besonderen Lebensabschnitt hinter sich gebracht haben und sich auf etwas Neues konzentrieren möchten. Oftmals auch, um sich selbst nochmal neu zu entdecken und sich fragen, was es noch so alles zu entdecken gibt.

 

HiS: Merkt ihr, dass es manchen Menschen schwer fällt bei euch reinzukommen oder gemeinsam mit dem Partner etwas auszusuchen?

Mascha: Ja, wir sehen schon, dass manche erst einmal um den Laden laufen und ihre Kreise ziehen bis sie sich trauen hereinzukommen, aber genau deswegen muss es dann auch eine Wohlfühlatmosphäre sein. Man muss sich trauen können Fragen zu stellen und die meisten, die dann zu uns hereinkommen, sind erstaunt, dass eine Erotik-Boutique genau so aussehen kann wie sie bei uns aussieht.

 

HiS: Unter anderem kann man bei Frau Blum auch an Massageworkshops wie z. B. der Yoni Massage teilnehmen. Wie läuft so eine Präsenzveranstaltung ab und gibt es für die Teilnehmer etwas dabei zu beachten, bevor oder währenddessen?

Alex: Für die persönliche, sexuelle Entwicklung ist es ungemein wichtig zu wissen, was die eigenen Vorlieben sind und wie ich sie meinem Partner kommuniziere, daher haben wir mittlerweile diese Events, die auch sehr gut angenommen werden. Ich muss aber gleich dazu sagen, dass sich hier niemand nackig machen muss und auch niemand nackig ist. Wir haben meistens eine kleine Bühne und Bänke hier im Laden dafür aufgebaut. Wir haben immer Profis zu Gast und dann geht es erst einmal darum Grundwissen zu erwerben, zu lernen sich konkret auszudrücken und sich erst einmal mit sich selbst zu beschäftigen, bevor ich mich um meinen Partner kümmere. Dann kann es auch meinem Partner gutgehen und ich habe Mitfreude, wenn er Freude erlebt, aber dazu muss ich kommunizieren, was einem selbst gefällt, damit der Partner es dann auch umsetzen kann.

 

HiS: Würdet ihr sagen, dass sich das Bewusstsein für die Sexualität in den letzten 10 Jahren verändert hat?

Mascha: Ja, es findet immer mehr online statt. Viele haben auch durch Pornos ein falsches Bild und es fängt bereits sehr früh bei Kindern an, dass diesen etwas völlig Falsches erzählt wird. Deswegen haben wir auch Aufklärungsbücher im Sortiment in denen ganz simpel erklärt wird, worum es bei Sexualität eigentlich geht. Man muss seinen eigenen, sexuellen Weg finden und diesen erkunden und fühlen und das ist vollkommen in Ordnung. Und ich bin total okay, auch wenn ich nicht auf das stehe, was man in den Filmen sieht oder ich auch nicht so aussehe.

 

 

 

HiS: Ihr seid spätestens seit der Corona Pandemie auch mit einem Online-Shop an den Start gegangen, der ursprünglich nicht geplant war, liegt es mit daran, dass sich immer mehr online abspielt?

Alex: Der Online-Shop hat uns während der Pandemie tatsächlich gerettet und er gibt bis heute auch schüchternen Menschen die Möglichkeit einzukaufen, daher haben wir ihn auch beibehalten. Und manches Event findet ebenfalls online statt, so dass wir jetzt auch Kunden aus größeren Entfernungen erreichen können.

 

HiS: Wenn ihr als Frau Blum auf die vergangenen Jahre seit eurer Eröffnung zurückblickt, würdet ihr den Schritt dann wieder wagen?

Alex: Aller Anfang ist schwer und so mussten auch wir unser Vertrauen erst aufbauen. Mittlerweile haben wir viele Stammkunden, die uns immer wieder sehr gerne besuchen, doch auch neue Gesichter kommen gerne zu uns. Inzwischen sind aber alle Zweifel beseitigt und wir sind uns sicher, mit unserer Boutique genau das Richtige getan zu haben.

Mascha: Ich bereue es auf gar keinen Fall. Natürlich gibt es auch mal schwierige Zeiten aber wir haben hier so positive Begegnungen und tolles Feedback, das uns in unserem Tun bestätigt, so dass ich einfach nur ganz arg froh und glücklich bin, dass es so ist, wie es ist. Ich habe einen wirklich schönen Beruf.

 

Fotos: © Timo Kabel / Sophia Köstler

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