Nach zwei ziemlich misslungenen Beziehungen begann ich mit Anfang 20 nochmals damit in mich zu gehen, um herauszufinden, was ich wirklich will. Sowohl in Bezug auf Beziehungen an sich, als auch was die Sexualität betritt, denn da hatte ich bisher nur gelernt, was der Mann will.
Dabei wurde mir schnell klar, dass ich kein Mensch für klassische, konventionelle Beziehungen bin. Ich habe das mit den „normalen Beziehungen“ versucht und Monogamie ist einfach nicht meins. Ich brauche meine Freiheit - oder zumindest das Wissen, dass ich diese weiterhin habe.
Stopp! Was ist denn überhaupt „normal“?
Diese Frage stelle ich mir oft, denn viel zu schnell bezeichnen wir Dinge als „normal“. Ist dann alles, was anders ist, automatisch nicht normal? Und wer definiert denn, was normal ist und was nicht? Bin ich „unnormal“, weil ich keine klassische Beziehung möchte? Auch wenn viele mich aufgrund meines Lebensstils vielleicht schief angucken würden - ich empfinde mich nicht als „unnormal“. Ich bin einfach ich und das finde ich sehr gut! Zumal viele Menschen ja bekanntermaßen ihre Wünsche und Bedürfnisse für sich behalten und dadurch nie wirklich sie selbst sind. Ich nicht, ich stehe zu mir, mit all meinen Facetten, Ecken und Kanten. Sollte es nicht immer so sein?
Was ist das denn zwischen euch?
Diese Frage wurde mir oft gestellt, nachdem ich dann mit Ende 20 einen neuen Spielpartner fand. Am Anfang war klar - das ist nur Sex. Wie auch immer man es dann nennen mag.
Mittlerweile hat sich einiges geändert, es sind ja nun auch schon rund 2,5 Jahre vergangen. Ab und zu ertappe ich mich dabei, wie ich mir diese Frage selbst stelle. Was ist das mit uns? Und ich fand keine Antwort darauf. Und auch er meinte zu mir schon „ich weiß nicht, was das mit uns ist“. Einerseits empfand ich die Aussage als beruhigend - andererseits waren da einfach noch immer sehr viele Fragezeichen in meinem Kopf.
Das gibt es so aber nicht!
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich versucht habe, jemandem zu erklären, was wir da haben. Ich gab mir mit meiner Erklärung wirklich sehr viele Mühe. Ich bin Sub, er ist mein Herr. Wir begegnen uns dennoch auf Augenhöhe. Es ist nichts Festes, aber doch irgendwie. Trotzdem keine feste Beziehung. Die Liste lässt sich noch weiter fortsetzen.
Die Antwort, die ich dann bekam, erschreckte mich etwas: „So ein Schwachsinn… Sowas, wie du es beschreibst, gibt es das gar nicht!“
Wieso nicht? Weil es keinen Namen hat? Weil es in keine Schublade passt? Weil mein Gesprächspartner sich nicht damit identifizieren kann? Ganz ehrlich, ich konnte diese Reaktion nicht wirklich verstehen.
Nicht alles muss einen Namen haben!
Irgendwann wurde mir bzw. uns beiden dann klar, dass nicht alles einen eigenen Namen benötigt. Nicht alles muss in eine feste Schublade passen. Sowieso sollten wir viel öfter aufhören, in Schubladen zu denken. Gerade in Bezug auf Beziehungen und auch Sexualität muss doch jeder für sich selbst rausfinden, was sich richtig anfühlt und was nicht. Man selbst muss sich damit wohlfühlen, nicht das Umfeld!
Ich kann euch noch immer nicht sagen, was das zwischen uns ist. Aber das ist auch nicht wichtig! Wichtig ist nur, dass wir mit dem, was wir haben, glücklich sind!
Im Internet stieß ich auch auf den Begriff „Beziehungsanarchie“ (auch relationship anarchy) und fand das direkt sehr passend. Hier werden die klassischen Beziehungs-Labels komplett abgelehnt. Und wenn wir ehrlich sind, ist das doch auch gut so, denn jede Beziehung ist doch individuell!
Ich habe einen tollen Mann gefunden, wir teilen die gleichen Ansichten, haben auch in Sachen Sex die gleichen Interessen. Wir können gemeinsam lachen und Blödsinn machen, aber auch über sehr ernste Themen reden. Da sind viel Vertrauen und Nähe. Keine Geheimnisse! Das wissen wir beide - auch ohne, dass es einen bestimmten Namen hat oder in irgendein Muster passt.
Geht es nur mir so?
Möglicherweise ist der ein oder andere hier in einer ähnlichen Situation. Womöglich sitzt gerade jemand vor dem Bildschirm und kann sich damit identifizieren. Vielleicht wurde auch schön jemand hier mit Sätzen wie „Das geht so nicht!“ oder „Was soll das denn sein?“ Konfrontiert.
All diesen Menschen möchte ich etwas mit auf den Weg geben:
Lasst euch davon nicht beeinflussen oder irritieren. Ihr braucht für eure Beziehung keine vorgegebene Bezeichnung. Es geht einzig und allein darum, dass ihr glücklich seid! Ob die Menschen in eurem Umfeld das verstehen oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle. Darum lebt - so, wie es sich für euch richtig anfühlt! Lasst die anderen schief gucken, tuscheln oder sich den Kopf zerbrechen. Aber zieht euch selbst diesen Schuh nicht an! Behaltet lieber im Hinterkopf, dass einige der anderen Leute gerne „anders“ leben würden, sich aber nicht trauen - während ihr unbeirrt euren Weg geht und glücklich seid!
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