Du bist glücklich, du erfreust dich an deinem Leben und wirkst nach außen hin völlig zufrieden und lebensfroh. Innerlich sieht es aber etwas anders aus. Du sehnst dich nach einer starken Hand. Einer Hand, die dich leitet und festhält. Eine Führung in deinem Leben, bei welcher du dich fallen lassen kannst, weil du weißt, dass er hinter dir steht und alles unter Kontrolle hat.
Du erkennst dich hier wieder? „Ich seh dich“ von Tanja Russ setzt sich genau mit dieser Sehnsucht auseinander. In diesem BDSM-Liebesroman mit Thriller-Elementen will Tanja Russ uns genau diese Sehnsucht auf vielerlei Ebenen näherbringen. Kommt das aber wirklich an?
Die Geschichte beginnt mit Sarah, einer jungen, selbstsicheren Frau, welche sowohl beruflich, wie auch privat weiß, was sie möchte. Als Sub lebt sie sich frei in der Szene aus und weckt mit ihrem charismatischen Auftreten in vielen Menschen die Neugier. Sie sehnt sich aber nach einem starken Partner, einem Dom, dem sie die Führung völlig überlassen kann. Als sie Konrad kennenlernt, glaubt sie, die Erfüllung ihrer Sehnsucht gefunden zu haben. Dieser stellt sich jedoch als das Gegenteil heraus und Sarah wird immer unglücklicher.
Sie fängt an, in der digitalen Welt nach Halt zu suchen und lernt dort Julian kennen, mit welchem sie eine virtuelle Dom-Sub-Beziehung eingeht. Während sie sich im Laufe dieser Beziehung immer mehr auch im realen Leben nach Julian sehnt, will dieser ihr aber im realen Leben nicht begegnen und erklärt ihr auch nicht wieso. Dies bringt Sarah zum Nachdenken – Wer ist Julian und welche Geheimnisse versteckt er?
Zur selben Zeit wird eine junge Frau vergewaltigt und brutal umgebracht. Der Täter ist unbekannt.
Erotikthriller oder nicht, das ist hier die Frage
Man merkt, dass Tanja Russ sich, mit der Geschichte von „Ich seh dich“, ein interessantes Konzept überlegt hat und dieses auch in großen Teilen gut und gefühlvoll umsetzt. Gerade das Konzept zwischen den unterschiedlichen, sexuellen Neigungen im Vergleich zu den Charaktereigenschaften unserer Hauptfiguren, ist eine interessante Dynamik, welche viele Teile der Story, gerade die erotischen sowie die emotionalen, schön hervorhebt. Auch der Schreibstil des Buches legt genau auf diese zwei Punkte seinen Schwerpunkt. Die erotischen Teile der Geschichte sind sehr detailliert beschrieben, die Emotionalen sehr umschreibend. Das mag zwar ein Pluspunkt sein, der Tanja Russ sehr schön gelungen ist, aber es hat auch einen großen Minuspunkt, der den Thriller-Teil ihrer Geschichte leider komplett unter gehen lässt.
Hier fühlt es sich leider so an, als ob der Thriller-Teil einer Bei-Überlegung entsprungen ist, um der Geschichte der Hauptfiguren mehr Spannung und Tiefe zu verleihen. Etwas mehr von der Detailverliebtheit, die man in den erotischen Szenen findet, hätte hier nicht schaden können. Rundum ist „Ich seh dich“ von Tanja Russ ein Liebesroman mit Potenzial in seinen Thriller-Elementen, welcher trotzdem Herzklopfen und Nervenkitzel auslöst. Eingefleischten BDSM-Anhängern kann ich es zwar weniger empfehlen, aber gerade für Spicy Vanillas und BDSM-Anhängern, die gerade ihre Wege in der Szene finden, wird es sicher als spannende Nachtlektüre dienen können.
Unsere Bewertung:
Finde es selbst heraus, was es mit Julian auf sich hat
Cover: © Schwarze Zeilen