Das Seil läuft wie selbstverständlich durch meine Hand, als hätte ich nie etwas anderes getan. Der Knoten sitzt, die ersten Lagen legen sich um ihren Körper, ein prüfender Blick, ob auch alles so sitzt, wie es sitzen soll. Eindeutig nicht eng genug für eine Suspension, aber ich will sie ja auch nicht aufhängen. Nur mal ausprobieren...

Geduldig steht sie da, lächelt mich an. Keine Berührungsängste, keine Nervosität, obwohl es für uns beide das erste Mal ist.

Fasziniert beobachte ich, wie meine Hände das Seil führen. Sehr technisch, für mehr fehlt mir die Erfahrung. Und dennoch lasse ich hier und da das Seil bewusst über ihre Haut gleiten, um sie spüren zu lassen. „Ein Seil kann auch streicheln!“ höre ich seine Worte in meinem Ohr.

Ja, das zeigt er mir bei jedem Treffen wieder. Ein Seil kann hart und zart sein, quälen und streicheln. Aber an diesem Abend hat die Härte Hausverbot. Hier geht es um zwei Seelen, die Neues entdecken. Sie an dem Ende des Seils, an dem ich sonst zu Hause bin. Ich am anderen Ende, welches ich sonst vertrauensvoll von anderen führen lasse...

 

Noch eine Stunde zuvor hätte ich nicht gedacht, an diesem Abend ein Seil in die Hand zu nehmen. Doch sie war neugierig, wollte „es mal ausprobieren“. Also nahmen wir uns ein Seil, und ich tüddelte drauf los.

Und nun stehe ich hier, betrachte mein Werk und sehe ihr Lächeln. Kurze Erinnerungen an meine erste Fesselung schießen mir durch den Kopf, und ich muss ebenso lächeln. Damals hatten mich die Seile gefangen genommen, mich in ihren Bann gezogen. Nun steht sie vor mir und erliegt dem gleichen Sog.

 

Schwimm, kleines Bunny, du wirst doch nicht entkommen!

Später am Abend steht sie vor mir, druckst ein wenig herum und fragt schließlich, ob ich das denn auch weiter machen würde. Die Frage überrascht und ehrt mich zugleich. Ich muss nicht lange nachdenken, denn auch mit mir hat dieser Abend etwas gemacht. Die Macht der Seile wirkt bei mir auch in die andere Richtung. Ich will mehr davon, will dieses zarte Wesen in die Abgründe schicken, die mir schon so vertraut sind. Ich will ihr zeigen, was Seile alles können, will sie schweben lassen und auffangen, ihr zufriedenes Lächeln sehen...

„Ich brauche Seile!“ schießt es mir durch den Kopf, während ich nicke....

 

Foto: © pixabay