„Ich werde dich jetzt deiner Sinne berauben!“ sagt er, und schweigt, um die Worte wirken zu lassen. Sie zuckt zusammen. Sie saß bereits gefesselt und mit einer Augenbinde vor ihm. Er hatte ihr gesagt, dass er mit ihrem Kaninchen spielen würde.

Dem kleinen, ach so süß aussehenden Fellknäuel, dass es jedoch so faustdick hinter den Ohren hat. Oh, er weiß genau, wie er das kleine Langohr aus dem Bau lockt. Und wenn es erst mal seine neugierige Nase in etwas gesteckt hat, gab es kein Zurück mehr. Da konnte der Verstand noch so laut sein Veto einlegen und gefühlt eine Million Gründe vorbringen, warum das eine ganz blöde Idee ist! Nein, wenn das Kaninchen eine Witterung aufgenommen hat, ließ es nicht mehr locker, bis es am Ziel war.

 

Spielen mit Ansage

Und das wusste er zu nutzen. Mehr als einmal hatte er sich schon mit dem kleinen Teufel verbündet. Und heute sogar mit Ankündigung! So sitzt sie nun da. Seine Worte klingen in ihr nach, und sie beginnt zu realisieren, was er vorhat. Der Knebel....

Eines der Dinge, die sie triggern. Eines der Dinge, die sie an eine Vergangenheit erinnern, die sie am liebsten einfach vergessen würde. Eine Vergangenheit, die ihr die Leichtigkeit nahm. Und die sie nun immer ein Stück weit die Kontrolle behalten ließ. Selbst wenn er sie zum Fliegen brachte, konnte sie nicht komplett loslassen. Ihr Kopf suchte unterschwellig immer nach einem Ausweg. Zu groß war die Angst, wieder so zu enden....

 

Das ist ein halbes Jahr her, und die Trigger, die er hinterlassen hatte, sind mittlerweile fast alle überwunden. Selbst mit dem Knebel, ihrem „größten Feind“ hatte sie sich schon wieder ein wenig angefreundet. Dennoch jagt ihr der Gedanke einen Schauer über den Rücken. Nichts sehen, nicht sprechen, was kommt noch?

Langsam, aber bestimmt, legt er ihr den Knebel an. Dann kommen die Kopfhörer. Leichte Musik dringt in ihre Ohren. Nichts hören! Zumindest nicht von dem, was er macht. Sie versucht, durch die Musik etwas herauszufiltern. Irgendetwas zu erahnen, was er vorhat. Doch das Einzige, was ihr bleibt, ist das Fühlen. Seine Berührungen, seine Nähe, sein Atem auf ihrer Haut.

In ihr tobt ein Krieg. Ihr Verstand brüllt „Stopp!“, ihr Kaninchen hat seine neugierige Nase aus dem Bau gesteckt, und mümmelt gespannt vor sich hin, ihr Bauch ist ruhig. Und sie weiß, dass ihr Bauch recht hat. Also lässt sie es geschehen.

Er wird auf sie aufpassen.

Er weiß, was sie hinter sich hat.

Er ist nicht wie der Andere.

Er ist gut zu ihr.

Und er hat sie im Blick.

Bei allem, was er tut, hat er immer ein Auge auf sie.

Er kennt ihre Grenzen, er achtet sie.

 

Und plötzlich ist es so einfach

Er geht es langsam an. Sie hat ihn schon weitaus härter erlebt. Und dennoch fordert er sie. Er treibt sie in die Höhe, lässt sie weg driften, quält sie liebevoll immer mehr. Doch irgendetwas hält sie noch fest. Der letzte Funke ihres Verstandes klammert sich fest, will nicht aufgeben. Und dann spürt sie seine Finger, die sich das holen wollen, wovon er weiß, was es mit ihr macht. Sie windet sich, sperrt sich, kämpft. Sie kann das nicht!

Doch er lässt nicht locker. Er fordert seinen Tribut. Und er reißt damit ihren letzten Widerstand ein. Ihr letztes bisschen Kontrolle, an die sie sich so geklammert hatte, bröckelt dahin, als wäre es nie da gewesen.... Und sie geht über die letzte Schwelle, vor der sie sich so lange gefürchtet hatte: Sie lässt los. Endgültig.

 

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