Das Wochenende ist gekommen und jeder widmet sich wieder seinem Leben. Während wir unter der Woche wieder wie Weltmeister telefoniert und Sprachnachrichten verschickt haben, ist es am Wochenende erstaunlich ruhig. Und irgendwie muss ich feststellen, dass ich zwar meinen Freiraum genieße, aber doch auch irgendwie ab und an aufs Smartphone schaue und es vermisse, dass keine Nachricht auf mich wartet. Doch das Wochenende soll nicht vergehen ohne kurze Lebenszeichen, über die ich mich freue, und was mich besonders freut, ist der Hinweis, dass ich mir keine Sorgen machen brauche, er würde arbeiten und sich nicht Kind und Frau widmen.

Normalerweise wäre ich jetzt an dieser Stelle ziemlich verdutzt wie man auf so eine Idee kommt, doch bei ihm nicht. Denn das zeigt, dass er mir zugehört hat, sich gemerkt hat, dass dies bei meinem letzten Herrn der Fall gewesen ist und der Grund, weswegen ich mich losgesagt habe. Ich muss schmunzeln.

Es kommt der Montag und irgendwie wächst die Neugier. Ich will diesen Kerl nicht zu sehr in meinen Kopf lassen, doch irgendwie hat er schon seinen Weg gefunden. Ich will ihn nicht in mein Kopfkino lassen, doch irgendwie ist er da schon drin. Den Abstand zu wahren wird schwerer, die Angst, dass die Hoffnungen, die ganz langsam aufkeimen, zerstört werden könnten, größer. Ich muss diesen Menschen treffen – real, live, echt und in Farbe. Und auch er sieht darin eine Notwendigkeit. Doch wo?

 

Der perfekte Ort fürs ideale Kennenlernen

Mit ein bisschen Grübeln ist ein Treffpunkt gefunden und das Wetter ist auf unserer Seite. Doch nachdem die Uhrzeit und das Datum feststeht, steigt in mir die Nervosität. Was ist, wenn wir uns nicht riechen können? Dann ist alles gleich wieder zu Ende, dabei ist es äußert selten, dass ich mich mit jemandem auf Anhieb menschlich und sexuell so schnell verstehe. Ich spüre wie ich mich öffne, wie mir seine Ansichten gefallen und wie sehr sie den Werten entsprechen nach denen ich erzogen worden bin. Er erreicht in mir die kleine Sub, den Wunsch zu knien, aber auch den Wunsch sich in beschützende Arme zu kuscheln.

Ich überlege wie schlimm es wäre, wenn wir uns nicht gefallen würden. Meine Freundin fragt nach, ob er denn auch Zähne habe, da er auf dem Foto, das ich habe, nicht lächelt und sie bei einem Treffen auf einen Halbzahnlosen getroffen ist. Mein Kopf schwirrt und macht sich mehr und mehr Sorgen. Die Angst steigt. Doch ich behalte es nicht für mich, sondern teile mich ihm mit und das ist das einzig Richtige wie sich herausstellt. Schnell weist er mich zurecht, beruhigt mich und ich spüre wie seine Worte Wirkung zeigen. Mein Puls wird ruhiger und ich kann in der Nacht einschlafen ohne mir Sorgen zu machen. Ich folge bereits jetzt automatisch seinen Worten.

Der Tag des Treffens kommt. Da wir uns kurz nach Feierabend treffen, bleibt mir auch nicht viel Zeit mich besonders herzurichten. Doch das ist auch meine Aufgabe, ich soll in so bequemen Klamotten wie möglich erscheinen. Also schlüpfe ich in eine Jeans und Pulli, ziehe ein Jäckchen darüber und flache Schuhe an. Und ja, das ist mein erstes Treffen bei dem ich tatsächlich nicht glattrasiert und eingecremt erscheinen werde. Aber irgendwie nimmt das auch gleichzeitig den Druck. Ich fahre zum Treffpunkt, verfahre mich erst einmal trotz Navigation und plötzlich ist sie wieder da: die Nervosität, die Angst. Doch schon klingelt mein Telefon und die bekannte Stimme beruhigt mich und führt mich mit Witz und Charme zum Zielort. Echte Konkurrenz für mein Navigationssystem!

 

Der große Moment ist gekommen

Ankommen, aussteigen und loslaufen – ab zum Treffpunkt. Während er auf der einen Seite wartet, habe ich auf der anderen Seite geparkt, aber Hauptsache da. Also laufe ich um das Gebäude herum zur anderen Seite und schicke Stoßgebete zum Himmel. Von Weitem sehe ich bereits den anderen Parkplatz auf dem zwei Autos stehen. An dem einen steht ein schlaksiger Typ mit Vollbart. No way, das kann er nicht sein. Beim anderen Auto steht ein großer, breiter Kerl in Arbeitsmontur und mit Sonnenbrille. Echt jetzt? Kommt er wirklich in Arbeitskleidung? Sonnenbrille?

Da kommt er schon auf mich zu, nimmt mich in den Arm, begrüßt mich und damit ist der erste Schritt auch schon erledigt. Unspektakulär, simple, menschlich. Manches kann so einfach sein, wenn der Kopf es nicht zerdenkt. Wir starten einen kleinen Spaziergang. Wir laufen einen Waldweg entlang, einen steilen Berg hoch und meine schlechte Kondition macht sich direkt bemerkbar. Ich hoffe er bemerkt nicht, dass ich bereits jetzt wie eine alte Oma schnaufe. Ich schweige und höre ihm zu. Er erzählt von der Arbeit, von seinem Kollegen. Ich blicke immer wieder zu ihm auf, doch kann nicht allzuviel erkennen. Diese blöde Sonnenbrille! Doch als er die Sonnenbrille abzieht und ich seine Augen sehen kann, bricht das Eis. Es sind stahlblaue Augen, tief und sanft.

Wir quasseln munter drauf los, setzen uns schließlich auf eine Bank mitten im Wald und die Zeit vergeht wie im Flug. Mein Herzschlag beruhigt sich, wir albern, lachen und das Treffen ist mega entspannt. Ganz ohne Druck und einfach leicht und angenehm. Kein Überlegen, ob man richtig sitzt, das Outfit gut aussieht. Wir sind einfach locker und ich merke wie gut mir diese Atmosphäre tut. Wir reden über unsere Jobs, Hobbys, das Wetter ... Als es langsam dämmert und kälter wird, treten wir den Weg zurück an und ziehen uns in seinem Auto zurück und es stellt sich langsam eine Frage: „Wie soll es weitergehen?“ Hat die Geschichte hier ihr Ende gefunden oder wird es eine Fortsetzung mit Tiefgang geben? Wir sind uns einig, unsere Geschichte ist noch nicht auserzählt…..

 

Teil 1 der Serie

Teil 2 der Serie

 

Foto: © pixabay