Ich surfe durch die verschiedenen Portale. Ich bin gelangweilt. Es ist Sonntagmittag und das Wetter ist mies. Auf Netflix läuft irgendeine Serie, die mich aber nicht wirklich fesselt und irgendwie ist alles so trist und langweilig. Ich surfe durch Promiseiten, lese mir Memes durch und schaue Videoclips. Oh, ist dieser Tag wieder öde. Schlimmer kann es nicht mehr werden. Da schreibt mich jemand an. Ich schaue und muss innerhalb weniger Sekunden feststellen: ein Vollpfosten.

Gibt es denn nur Vollpfosten auf diesem Planeten? Immer wieder das Gleiche! Schleimige Komplimente, blöde Anmachsprüche oder eine Optik, dass man denkt sie würden nachts in der Geisterbahn arbeiten. Oh, mir ist so langweilig. Da kommt wieder eine Nachricht. Ich antworte – habe ja nichts Besseres zu tun.

Es entwickelt sich ein nettes Gespräch – immerhin. Wir schreiben hin und her, auf was wir so stehen. Ja, es scheint Übereinstimmungen zu geben und das Profilbild sieht ja ganz nett aus. Aber ist das der Kerl denn wirklich? Der Tag vergeht, der Alltag der Woche holt mich ein.

Tage später gehe ich wieder online und es wartet eine Nachricht auf mich – von ihm. Ich antworte kurz und bündig und gehe wieder offline. Der Kontakt zieht sich, meine Antworten dauern teilweise tagelang, doch auf mich wartet jedes Mal eine Nachricht. Er fragt nach einem Foto von mir. Das ist kein Problem, wenn ich auch sein Gesicht zu sehen bekomme und nicht nur die Rückseite. Und zack, am nächsten Tag bleibt das Chatfenster leer. Auch den Tag darauf. War irgendwie klar, dass da nichts mehr kommt. „Wieder mal ein Fake“, denke ich mir und erwarte eigentlich überhaupt Nichts mehr.

 

Es kommt anders als gedacht

Doch als ich abends doch mit Neugier wieder online gehe, wartet ein Foto auf mich. Damit hätte ich nicht gerechnet. Es ist nicht allzu viel darauf zu erkennen, aber es könnte jemand Sympathisches sein. Wie versprochen sende ich ein Bild zurück. Doch auch trotz Bildtausch kommt das Gespräch nicht in Fahrt. Ab und an sind wir gleichzeitig online und wechseln ein paar Zeilen. Ich lösche den Chat. „Hat doch eh keinen Sinn.“

Doch der Herr gegenüber gibt nicht auf. Meldet sich wieder und die Texte werden länger und länger. Ich erhalte seine Handynummer und soll mich melden. Im Leben werde ich das nicht tun! Die Tage vergehen wieder, meine Antworten eher kurz, seine Antworten lang und länger. Und wieder fragt er, warum ich mich eigentlich so gegen einen regelmäßigen Kontakt wehre. Mhhh, so eine richtige Antwort weiß ich auch nicht. Aktuell ist mir noch Nichts aufgefallen wegen was ich meinen Gegenüber verurteilen könnte. Ich speichere die Nummer in meinem Handy – und lösche sie wieder. Er schreibt und schreibt, er gibt sich wirklich Mühe und ich finde keinen Grund, warum ich eigentlich nicht ja sagen sollte. Ich gebe die Nummer wieder ein und ich schreibe tatsächlich ….

 

Und plötzlich nimmt die Sache Fahrt auf

Ich spüre die Unsicherheit, die Angst den nächsten Vollpfosten kennenzulernen. Beginnt hier eine neue Geschichte, die ich bald wieder bereue? Was wird auf mich warten? Locker ist definitiv anders. Ich bin nicht bereit wieder verletzt oder angelogen zu werden! Es passiert …. Nichts! Irgendwie bin ich jetzt enttäuscht.

Da kommt eine Sprachnachricht. Begeistert, ein bisschen verpeilt, aufgedreht … aber eine sympathische Stimme. Ich muss lauthals loslachen. Wir beginnen zu blödeln. Doch es dauert nicht lange, da werden die Themen ernster, tiefsinniger. Ich will mich eigentlich nicht mitreißen lassen. Mir wäre es lieb, wenn ich neutral bleiben könnte, den Abstand wahren. Doch irgendwie gefällt mir, was ich höre. Wir schreiben, schicken Textnachrichten und am Ende entscheiden wir uns zu telefonieren – ein Gespräch in Echtzeit.

Schnell ist klar, dass wir auf einer Wellenlänge sind. Es klingt manchmal zu passend. Wo ist der Haken? Wo ist die Bremse? Es geht zu schnell. Ich versuche dennoch neutral zu bleiben, mich nicht zu sehr begeistern zu lassen. „Bleib‘ ruhig, warte erstmal ab!“ Wir lachen. Wir erzählen, hören einander zu und irgendwann zeigt die Anzeige ein mehr als dreistündiges Gespräch. Es wird dringend Zeit ins Bett zu gehen. Das Telefon verstummt. Es wird ruhig, doch nicht in meinem Kopf und Bauch… doch dann übermannt mich doch die Müdigkeit und ich frage mich beim Einschlafen: „Ist das der Anfang einer neuen Geschichte?“

 

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