Hier stehe ich in der frischen Morgenluft und lasse mir den kühlen Wind um die Ohren wehen. Ich ziehe meine Arme, die ich um mich geschlungen habe, enger. Krieche mehr in meine kuschelige Jacke und schaue mir die aufgehende Sonne an. Der Tag erwacht langsam und dennoch ist alles friedlich. Frieden – meine Seele will Frieden, Ruhe.

Ich bin aufgewühlt, kraftlos, mutlos und traurig – unendlich traurig. Ich bin seit mehr als 5 Jahren Single und langsam weiß ich nicht mehr, ob das ein Segen oder Fluch ist. Ich lerne viele Menschen kennen, bin mehr unterwegs und vernetzt als während meiner letzten Beziehung und dennoch fühle ich mich oft einsam.

Ich habe in den letzten Jahren viele Dates gehabt; tolle, aber auch jede Menge schlechte bei denen ich nur flüchten wollte. Ja, ich kann Geschichten erzählen, auch von atemberaubender Turnakrobatik im Bett über prickelnde Abenteuer bis zu absoluten Einschlafnummern. Ich bin in vielen fremden Betten aufgewacht, neben vielen fremden Männern … manchmal hätte ich alles dafür getan bleiben zu dürfen und manchmal wäre ich am liebsten bereits in der Nacht getürmt.

 

Entscheidende Faktoren

Es ist das Aufwachen am Morgen danach, das verrät, wie es weitergeht und das darüber entscheidet, ob es ein Weiter gibt oder nicht. Und es ist das Leben, ja, das Leben entscheidet, ob man in ein anderes Leben passt. Manchmal ist einfach auch der Zeitpunkt mehr als mies. Ein gebrochenes Herz, das eigentlich nur Ablenkung wollte und dann feststellt, jemanden getroffen zu haben, dem es sich sofort schenken würde, aber dafür noch nicht bereit ist. Und dann sitzt man da und spürt, da könnte mehr sein … so viel mehr und dennoch geht es nicht.

Es ist der Sex, der entscheidet. Will man nur etwas Unverbindliches und erlebt ein Feuerwerk der Sinne, dann will man dies am liebsten für immer und hätte Nichts dagegen, wenn das der Alltag werden würde. Doch, wo der eine verweilen möchte, möchte der andere gehen – keine Verpflichtung.

 

 

Freiheit für zwei oder ein Zuhause!?

Ich habe in den letzten Jahren enttäuscht, ich bin in den letzten Jahren enttäuscht worden und immer wieder mit dem Vorsatz gestartet, dass jetzt alles anders werden wird. Und dennoch sitze ich immer wieder auf der Couch bei meiner besten Freundin – allein. Erzähle von einem wundervollen Mann oder einem grausamen Date und meine Freundin lacht, tröstet …. Irgendwann kommt dann ihr Mann, mittlerweile mit ihrem gemeinsamen Sohn und man spürt die Verbundenheit der beiden. Eine echte Einheit, die Nichts trennen kann. Erst wenn beide beieinander sind, ist jeder komplett. Das Leben ist ruhig, sie verbringt viel Zeit zuhause und oft sagt sie zu mir, dass sie durch meine Geschichten ein wenig vom Leben draußen mitbekommt. Aber möchte ich nicht viel mehr von dem Leben innen?

Ist es schön jeden Tag sein Leben neu bestimmen zu können? Mit jedem Mensch, den man trifft, eventuell sein Leben komplett auf den Kopf stellen zu können. Ich finde es kraftraubend und gleichzeitig fühlt es sich wie die unendliche Freiheit an, eine Freiheit, die man einsam fühlt. Ob der Mann, neben dem ich irgendwann hoffentlich viele Male aufwachen werde, dabei langsam faltig werde und ergraue, mit dem ich ein gemeinsames Leben aufbaue, wohl jetzt auch gerade von diesen Sonnenstrahlen berührt wird? Genießt er gerade auch die Stille des friedlichen Morgens und wünscht sich sein passendes Seelenstück?

Mein Handy vibriert und eine Nachricht mit der Frage, wo ich denn bin, erreicht mich. Ich lächle, es ist egal, wo ich bin, Hauptsache ganz weit weg von der Begleitung meiner letzten Nacht. Ich drücke auf Blockieren, ziehe meine Jacke noch ein Stück enger und strecke meine Nase in die Morgensonne. Und die Luft riecht nach Abenteuern…. riecht sie vielleicht auch nach Ankommen und einem Zuhause für meine Seele?

 

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